Opfer von Gewalttaten: Würdiges Gedenken
Es gibt Dinge im Leben, denen mit Überlegung und einem Höchstmaß von Sensibilität zu begegnen ist. Dazu zählt ohne Zweifel der Tod eines Menschen, dem man verwandtschaftlich oder freundschaftlich verbunden ist. Wer erinnert sich nicht sofort an Fotos, Meere von Grablichtern und Kuscheltieren am Tatort eines Verbrechens.
Meistens entwickeln sich solche kleinen „Gedenkstätten“ spontan. Da fragt keiner erst groß, ob er einen Plüschteddy dort ablegen oder eine Kerze entzünden darf. Plötzlich sind diese kleinen Erinnerungszeichen einfach da. Nach den einfachen Regeln von Ordnungsamt und Müllabfuhr ist das natürlich Dreck und muss weg – aber niemand kommt auf die Idee, so unsensibel mit dem Schmerz vieler umzugehen. Die Erinnerungszeichen bleiben zunächst: Über mögliche Alternativen denkt man sorgfältig nach, bevor man die Reste abräumt.
Sensibler Umgang mit Trauer ist auch da üblich, wo eigentlich noch strengere Regeln entgegenstehen. Am Rand der Bundesstraße steht ein Kreuz, brennt ein Licht, hier ist jemand umgekommen. Nach Straßenrecht ist das verboten, und trotzdem lässt jeder Straßenwärter so ein kleines „Denkmal“ stehen. An der Einmündung der Straße „Zum Hiltruper See“ in die B54 steht ein Beispiel.
Noch sensibler wird es aber, wenn die Trauernden nicht einfach Fakten schaffen. Es sind ordentliche Bürger, sie wollen nichts falsch machen, wenn sie ihre Trauer zeigen wollen. Sie fragen ganz förmlich beim Amt, ob sie mal sprayen dürfen.
Das ist die Situation, die jetzt in Hiltrup zu bewältigen ist. Noch sensibler ist das, weil jetzt so viele Leute mitreden können. Jeder weiß etwas, jeder weiß es besser. Was war das überhaupt für ein Mensch, um den getrauert wird? Das wollen wir aber erst einmal wissen. War der nicht selber schuld, dass er jetzt tot ist? So will der Täter sich gerade aus der Verantwortung reden. Graffiti auf öffentlicher Wand – ja, da könnte ja jeder kommen. Und was sind das überhaupt für Leute, die da herumsprayen wollen, das wäre ja noch schöner.
Was da gerade unter die Räder kommt, ist ganz schlicht und ergreifend das Mitgefühl. Man kann es auch die Achtsamkeit nennen, die da gerade beerdigt wird. Der Bezirksbürgermeister berichtet, dass die Amelsbüren/Hiltruper CDU sich einer achtsamen Behandlung des Themas entzogen hat. Es ist ein schwieriges Thema, wir kennen es doch von anderen Fällen. Wer vorher um Genehmigung bittet, riskiert eine Absage. Die kann sehr weh tun und muss begründet werden. Dabei muss dem Opfer der Gewalttat und den Trauernden Respekt erwiesen werden.
Diese Diskussion ist zwingend vertraulich zu führen. Im kleinen Kreis, ohne all die Besserwisser, die nur ihre Vorbehalte herausposaunen wollen. Die Entscheidung ist nicht für eine öffentliche Abstimmung geeignet. In die Zeitung gehört die Diskussion im Vorfeld erst recht nicht. Wer die Unterlagen der Zeitung „gesteckt“ hat, ist nicht zu klären. Der Zusammenhang – CDU verweigert sich der vertraulichen Beratung, die Zeitung wird informiert – spricht allerdings eine recht deutliche Sprache.
Ein übler Nachgeschmack bleibt. Menschen trauern um einen der ihren, die CDU missbraucht – so muss man das wohl unverblümt nennen – die Trauer zu einem krawalligen Angriff auf den Bezirksbürgermeister. Nur weil der nicht in der CDU ist.
Wer’s nachlesen möchte: Westfälische Nachrichten am 18., 21., 25. und 28. Oktober 2023.
(Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 28.10.2023.)