Ernüchterung tritt ein. Es ist wie zweiter Weihnachtstag. Das Geschenk ist ausgepackt, so lange hat man die Eltern gequält mit dem Wunsch. Ein fades Gefühl bleibt und die leise Frage, was man sich denn jetzt wünschen könnte. Jetzt vielleicht einen Flieger? Nein, natürlich nicht, das wäre unverschämt, aber das Thema kann man schon mal ansprechen. Flieger wären doch auch gut? Nein, jetzt nicht, aber… die nächsten Wünsche werden schon laut.
Die Panzer-Diskussion geht zu Ende. Ja, die Panzer sind versprochen, aber das Geschenk hätte doch schon zu Nikolaus kommen können, oder noch besser letzte Ostern! Und das Einwickelpapier, das war auch nicht schön, alles war nicht gut.
Aber was war denn nicht gut?
Vieles war nicht gut und sollte sich nicht wiederholen. Medien und viele Politiker waren in den letzten Monaten wie auf Droge. Politiker wollten sich als Macher präsentieren: Hofreiter ist nicht Minister geworden, das muss mit lautem Kampfgeschrei kompensiert werden. Ausgerechnet ein Grüner als Kriegstreiber? Strack-Zimmermann, als Abgesandte einer Kleinpartei für Nebenrollen prädestiniert, nutzt den Verteidigungsausschuss als Startbasis für friendly fire. Die Opposition immer noch neben der Spur; nur Polemik, egal ob gegen Migranten oder Regierung, Hauptsache schrill. Und die Medien berichten dankbar jeden Angriff. Täglich, immer lauter, es gibt nur noch ein Thema.
Worum ging es eigentlich?
Dem Wohle des Volkes ist die Regierung verpflichtet. Wohlverstandene Interessen unseres Landes sind zu wahren. In Europa ist Krieg? Es gilt, Schaden zu vermeiden. Schaden für unser Land: Deutschland ist kein Wohltätigkeitsverein, der allen beistehen muss. Aber ein Schaden droht, wenn Russland es schafft, mitten in Europa Grenzen mit Gewalt zu verschieben. Heute die Ukraine, morgen Polen, übermorgen Ostdeutschland? Es ist Deutschlands Interesse, das Stoppschild zu setzen.
Zugleich ist es Deutschlands Interesse, sich nicht in einen Krieg hineinziehen zu lassen (auch wenn die Noch-Außenministerin von unserem Krieg gegen Russland faselt). Deutschland darf nichts tun, die verheerenden Bilder der Vergangenheit heraufzubeschwören von deutschen Panzerarmeen im Vormarsch nach Osten. Die Lieferung von Panzern, einer potenten Angriffswaffe, hat eine andere Qualität als Luft- und Panzerabwehr.
So ging es schlicht darum, die breite Allianz der Ukraine-Unterstützer zusammenzuhalten. Polen, Litauen, Lettland und Estland sind zu Recht voller Angst vor dem Aggressor Russland. Ihr Vorpreschen, gleichzeitig ihre Animositäten gegenüber Deutschland sind der Angst geschuldet. Andere Länder nutzen die Gelegenheit, sich mit dem nicht abgestimmten Angebot von ein paar Waffen öffentlich zu produzieren. Gefordert war aber eine von allen getragene gemeinsame Entscheidung. Putin droht immer wieder mit Atomwaffen: In das Vorgehen der Ukraine-Unterstützer muss zwangsläufig die große westliche Atommacht USA eingebunden sein – in unserem ganz ureigenen Interesse. Es hat gedauert, diese gemeinsame Entscheidung herbeizuführen. Jetzt liefern alle Beteiligten Panzer. Alle Beteiligten tragen gemeinsam das Risiko, das mit dieser Einmischung in den Konflikt verbunden ist.
Der Rausch der Panzerfahrer ist jetzt vorüber. Warum ist da eigentlich so öffentlich so laut gestritten worden? Ist es nicht in gefährlichen Zeiten angebracht, auf die Polemik zu verzichten? Und wäre es nicht sinnvoll, ein wenig diskreter mit dem umzugehen, was man einer Kriegspartei als Hilfslieferung zukommen lässt?
Es geht darum, Deutschlands nationale Interessen zu wahren. Darum müssen wir die Ukraine unterstützen, darum dürfen wir uns nicht in einen Krieg hereinziehen lassen. Da ist Diplomatie nötig, und die findet nun mal nicht immer in der Öffentlichkeit statt. Diplomatie braucht auch das vertrauliche Gespräch; es ist unrealistisch und nicht hilfreich, solche Kontakte als „Hinterzimmer“ abzuqualifizieren gegenüber einer angeblichen „Klartextdiplomatie“ (wie es zum Beispiel in den Westfälischen Nachrichten vom 31.1.2023 geschieht).
(Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 31.1.2023.)