Politik im Stadtteil

Die Wahl des Bezirksbürgermeisters für Hiltrup ist knapp an der Posse vorbei geschrammt. Erst bestimmte ein Patt zwischen den Demokraten in der Bezirksvertretung die Diskussion. Linke – wenn man den bunten Haufen neben der CDU so nennen darf? – und CDU hatten jeweils keine eigene Mehrheit. Dann starb der Alt-Bezirksbürgermeister, der als Integrationsfigur hätte dienen können, und die CDU in ihrer Not brachte den FDP-Vertreter ins Spiel – nur um ihn gleich wieder vor den Kopf zu stoßen und einen Nobody als eigenen Kandidaten zu präsentieren. Kaum war klar, dass man sich in dieser schwierigen Situation mehrheitlich auf einen Grünen – Wilfried Stein – als respektablen und wenigstens etwas erfahrenen Kandidaten geeinigt hatte, gab es das nächste Missgeschick. Die CDU trat nicht vollzählig zur Wahl an.

Man kann sich darüber lustig machen und diese Wahl als Theater abhaken. Das übliche Theater: „Die“ Politiker sind doch alle gleich. „Die“ Politiker streiten sich nur. „Die“ Politiker sind nicht zuverlässig.

Wer das vorschnell tut, spielt die Karte der Identitären und (soweit das nicht dasselbe ist) der AfD. Denn es sind nicht „die“ Politiker, die für solche Pannen sorgen: Wir selbst sorgen dafür. Mit der Zuschauer-Mentalität, sich im Sessel zurück zu lehnen, durch die Medien aller Art zu zappen und zuzuschauen. „Was kann ich tun“ ist fast vollständig ersetzt durch „Was machen die denn“, gewürzt mit den allerhämischsten Kommentaren. Dabei ist es so einfach: Wenn ich mich mit meiner Kompetenz und Persönlichkeit nicht engagiere, wer soll es dann tun?

In den Parteien, die die Kandidaten für Wahlen aufstellen, engagieren sich immer weniger Menschen. Dann sind solche Situationen wie jetzt bei der Wahl des Bezirksbürgermeisters für Hiltrup vorprogrammiert. Es wird immer schwieriger, vorzeigbare Kandidaten aufzustellen. Das hat auch damit zu tun, dass das „normale“ Berufsleben kaum noch Spielraum lässt für ein zeitintensives ehrenamtliches Engagement. So klein der Entscheidungsspielraum der Bezirksvertretung ist: Wer hier mitreden will, muss viel Zeit investieren. Berge von Papier müssen gelesen, verstanden und bewertet werden, Ortstermine und Gespräche sowohl mit der Verwaltung als auch mit den Hiltruper BürgerInnen fordern Zeit. Den Bezirksbürgermeister kann man nicht mal eben nebenher machen. Die CDU hat es vor Jahren schmerzhaft erfahren, als der von ihr zum Bezirksbürgermeister gewählte Rechtsanwalt neben seinem Beruf keine Zeit hatte und sich sowie die CDU-Fraktion blamierte.

Also was tun? Nicht meckern, keine blöden Kommentare auf Twitter oder sonstwo schreiben – mitmachen. Man muss nicht Parteimitglied sein, um vor den Terminen der Bezirksvertretung bei den Fraktionen vorbei zu schauen (und vielleicht auch mitzureden), und: Wenn die Jungen sich nicht engagieren, müssen eben die jugendlichen Alten ran!