Mit Becker Map Pilot ins Nirgendwo

Ich glaub ich bin im Wald – wenn einem das mit dem Navigationssystem passiert, hat man sich entweder dumm angestellt oder das falsche System. Besonders ärgerlich, wenn das Ding in einem teuren Auto steckt und vom Fahrzeughersteller mitgeliefert wurde.

Die Urlaubsreise mit dem Wohnwagengespann ging 2016 nach Kroatien, durch Österreich und Slowenien. Neue Karten kaufen? Nicht nötig, dafür aber ein Update für das Navigationssystem Becker Map Pilot. Das System-Update war noch kostenlos, dafür kostete das Karten-Update fast 100 Euro; damit musste man doch auf der sicheren Seite sein, sollte man meinen. Aber Becker streikte, und zwar dummerweise weit von zu Hause. Viele Kilometer Autobahn und viele Alpentunnel waren schon bewältigt – vor dem Karawankentunnel scheute das Ding. Runter von der Autobahn, ab in ein Seitental, von da aus über eine für Wohnwagen gesperrte steile Passstraße, das war die Empfehlung von Becker. Was tun? Erst einmal alle Einstellungen zur Routenberechnung überprüfen. Aber da fand sich nichts besonderes, und bis dahin hatte das Ding ganz korrekt durch die Alpentunnel geführt.

Am Ende also gegen den Rat von Becker doch durch den Karawankentunnel, und siehe: es ging. Auf dem Rückweg am Urlaubsende hatte Becker dann nicht solche Skrupel, merkwürdigerweise akzeptierte es hier den Tunnel ohne Widerstand.

Der Kunde fühlt sich auf den Arm genommen. Dann erinnert er sich: genau so einen Vorfall hat doch schon einmal vor Jahren ein Autojournalist geschildert – bei Becker haben sie über die Jahre nicht aus dem Fehler gelernt! Also mailt der Kunde eine Reklamation an Becker und an den Fahrzeughersteller. Und was antwortet Becker? „Wir selbst haben keinen Einfluss auf die Kartendaten“, und damit war das Thema für Becker offensichtlich erledigt. Der Fahrzeughersteller Daimler hat überhaupt nicht auf die Beschwerde reagiert.

Teures Lehrgeld, und damit gut? Nein, es kommt noch besser. Becker mailt ein halbes Jahr später den Kunden an: „Damit Sie Ihren Becker MAP PILOT immer ohne Probleme nutzen können, empfehlen wir Ihnen, die Software stets up-to-date zu halten. So werden Sicherheitslücken geschlossen und eine optimale Funktionsfähigkeit gewährleistet.“ Was die so für optimale Funktionsfähigkeit halten….

Also Qualitätsurteil für Navigation und Kundenservice in diesem Fall: „Mangelhaft“. In Zukunft besser gleich Google Maps?

Man ärgert sich – und nutzt das Becker-Dings dann doch weiter. Meistens funktioniert es ja. Manchmal aber auch nicht.

Da fährt man in ganz normalem Verkehr auf einer ganz normalen Autobahn, und plötzlich kommandiert Becker „Runter von der Autobahn“. Hmm, der Verkehr läuft doch ganz normal? Man hat nicht viel Zeit zu reagieren, und letztes Mal hat einem dies Kommando die lange Vollsperrung der Autobahn erspart … man gehorcht. Und wird nach wenigen hundert Metern durch allerlei allerkleinste Nebenstraßen eines verschlafenen Kaffs geführt, immer im Kreis herum, zurück zu der Autobahnauffahrt, wo man die Autobahn gerade verlassen hat. War was?

Einmal nimmt man das ja noch hin. Aber beim zweiten Mal – da ist auf der A 45 ganz wenig Verkehr, und wieder kommandiert Becker „Runter von der Autobahn“, und wieder glaubt man an den großen Unfall und die Vollsperrung, und wieder geht es im Kreis durch ein verschlafenes Kaff zurück zu derselben Autobahn-Anschlussstelle, und wieder fährt man ohne jegliche Störung weiter auf derselben Autobahn. Wieder hat Becker gelogen, hat einem kostbare Zeit gestohlen mit einem völlig überflüssigen Ausflug in die Pampa.

Das Navigations-System, das Daimler einem da mit verkauft hat, taugt einfach nichts. Daimler, das ist doch der Hersteller, der beim Thema Diesel den Ahnungslosen gibt: wie viele Stickoxide ihr Auto vor und nach dem versprochenen Software-Update hinten raus lässt, das wissen wir leider nicht! So frech antwortet Daimler auf Fragen von Kunden. Das ist nicht Premium, das ist einfach: schlecht.

Aber es hat Methode, das muss man zugeben. Im Jahr 2017 führt das verdammte Becker-Ding das Wohnwagengespann in eine Wohnstraße des südfranzösischen Provinznests Charleval vor die Wand. Sackgasse, und das nicht erst seit gestern. Eine Glanzleistung. Und damit man sich nicht zu sicher fühlt, auf der Rückreise noch ein paar Fehlleistungen. Da sagt das Ding vor dem Kreisverkehr an: „Dritte Abfahrt nehmen“, und kaum ist man im Kreisverkehr, da heißt es „Zweite Abfahrt nehmen“ – ja was denn? Oder: auf der Stadtautobahn von Lyon fährt man durch einen relativ kurzen Tunnel, das kann Becker gar nicht leiden: kurz nach dem Tunnel wird man aufgefordert, jetzt links abzubiegen, und auf dem Display sieht man, dass Becker umkehren und die bereits gefahrene Strecke zurückfahren will – wenige Meter weiter (zum Glück steht man sowieso im Stau) wird man auf der ursprünglich angesagten Route geradeaus weitergeführt, ohne weiteren Stau, ohne irgendeinen Grund umzukehren.

Mit dem Tunnel hat Becker es wohl grundsätzlich. Im September 2017 in Köln, wenigstens da sollte Becker sich doch eigentlich auskennen: ein Tunnelchen, eigentlich nur eine etwas längere Unterführung – und schon kommt wieder das Kommando „Wenden“. Aber auch auf der Autobahn ist man vor solchem Quatsch nicht sicher, im Oktober 2017 auf der A45 zwischen Hagen und Westhofener Kreuz heißt es plötzlich „Jetzt links abbiegen“.

Lernt Mercedes daraus, dass die Kunden sich ärgern? Offensichtlich nicht. Neues Auto, neues Navigationssystem, fast taufrische Karten. Zwei Autos fahren 2020 eine Adresse in der westfälischen Bauerschaft an. Der Mercedes landet an der falschen Adresse, der Opel an der richtigen. War was?

(Beitrag aktualisiert am 20.09.2020.)