Badenweiler im Umbruch
Maler und Dichter prägten den Ruf des Ortes. Tschechow ist immer noch hier, aus Bronze gegossen schaut er vom Burghügel ins Land. Die römische Badruine erzählt von jahrtausendalter Badekultur, im 19. Jahrhundert wurde sie als „Markgrafenbad“ (heute: Cassiopeia-Therme) wieder belebt. Der Kurpark ist liebevoll gepflegt, ein Kleinod.
Steigt man weiter hinauf zum Schlossplatz, ändert sich das Bild. Es ist eine weite gepflasterte Fläche, an einem Ende liegt unterhalb der Burgruine das Kurzentrum.
Mit seiner Beton-Architektur und den Waschbetonplatten auf den Terrassen ist das Kurzentrum sicher auch ein Baudenkmal.
Burgruine aus dem 12. Jahrhundert, Grandhotel aus dem 19. Jahrhundert und Kurzentrum aus dem 20. Jahrhundert sollten in ihrer Verschiedenheit eine belebende Spannung am Platze aufbauen. In der Vergangenheit mag das durchaus funktioniert haben, jetzt ist die Spannung gewichen. Das säuberliche Natursteinpflaster kann nicht mehr von der öden Leere des Schlossplatzes ablenken. Das Hotel ist geschlossen; die Spitzen auf dem Dach, in deren Glaskugeln das Abendlicht leuchtet, neigen sich. Der Geschmack des Publikums hat sich gewandelt, angewitterter Sichtbeton und Waschbeton des Kurzentrums können nicht mehr auf Anhieb begeistern, die Palmen in den Blumenkübeln wirken wie ein Ablenkungsmanöver.
Dem geschlossenen Hotel gegenüber rottet ein altes Haus vor sich hin. Das Straßenschild „Schlossplatz“ an der Fassade wirkt wie blanker Hohn. Die Front ist vor Jahrzehnten schon zerstört worden durch den Einbau von Schaufenstern mit Metallrahmen, jetzt hält ein Bauzaun die Passanten von der geschlossenen Pizzeria Bella Sicilia fern; ein Tod auf Raten.
Was bleibt, ist die Umgebung. Am Ende eines trüben Tages reißen die Wolken auf, und die Sonne beleuchtet dramatisch die Rheinebene, dahinter die Vogesen – allein für diesen Blick vom Burgberg lohnt sich der Besuch.
Nach Norden schaut man auf den Römerberg, an den Hängen wächst der Wein, darüber Wald. Das ist Kulturlandschaft, alles künstlich angelegt, es ist ein großer Garten und ein Versprechen von Erholung und Genuss.
Zur anderen Seite sieht man Badenweiler in der Sonne liegen, der tote Schlossplatz wird gnädig von Bäumen und Bananenstauden verdeckt. Dies Bild passt zu den Bildern, die man von Wanderungen im Kopf mitnimmt: Ein properes Örtchen, an den Speckrändern wird gebaut, insgesamt ein gutbürgerlicher Eindruck. Da vergisst man auch gern die Fußgängerzone – ja, auch die gibt es – , die vor Jahrzehnten geschaffen wurde und inzwischen in die Jahre gekommen ist.
Es ist noch viel zu tun. Der neue Bürgermeister ist erst 27, er wird die Zeit brauchen.