Goldene 20er, wilde 20er, arme Leute, Politik und Verbrechen, pulsierende Großstadt Berlin, „Metropole in Aufruhr“, spannender Plot, schöne Bilder, hochgelobte TV-Serie mit bekannten (Regisseur-)Namen – es hätte gut werden können. Die Serie wird gerade wiederholt, wer sie 2018 versäumt hat, kann es nachholen; wer sie nicht ansieht, hat auch nichts versäumt.
Aber können Millionen von Zuschauern, kann „die Quote“ Unrecht haben? Die Serie ist ein großer Erfolg, soweit man in Zahlen misst. Der Rest ist Schweigen.
Man schaltet weg, der Brechreiz ist zu groß.
Warum eigentlich? Man überlegt, woran es lag, und dann kommen Bilder in den Kopf: So ähnlich muss es sein, wenn man einen unverdünnten Brühwürfel lutscht; wenn man drei Mettendchen auf einmal isst.
Babylon Berlin ist einfach überdosiert. „Tolle Bilder“ ist der erste Eindruck, wenn der Zug fährt, es dampft, es brennt, es gibt den ersten Genickschuss, es ist in wenigen Minuten schon alles zu viel. Ein Kitzel jagt den nächsten, schnell und aggressiv-bunt gegeneinander gesetzt. Drogen, Pornografie, Bilder aus der Gerichtsmedizin, Bilderbuchverbrecher, fiese Bilderbuchpolizisten, Selbsttötung vor laufender Kamera. Ja, so muss man es anfangen, wenn man sich erschießt, und so sieht der Schädel danach aus, das muss man doch gesehen haben. Warum filmen die eigentlich nicht den Weg der Kugel durch den Schädel, da gibt es doch noch viel mehr zu zeigen? Gewalt ist der rote Faden der Geschichte, genüsslich und bunt, möglichst in Nahaufnahme. Bunt ist die ganze Geschichte, sie ist nicht in Farbe, sondern in Bunt gedreht. Sorgsam sind die Farben gesetzt, Regisseur und Kamera wollten Kunstwerke schaffen. Die Menschen bleiben dabei seltsam unwirklich, auf der Strecke.
Warum soll man sich so etwas ansehen? Um sich abzustumpfen gegenüber der „kleinen Gewalt“, die einem in Gestalt eines Straßenräubers auf der Windthorststraße begegnen kann? Oder soll dies scharfe Konzentrat etwa unterhalten? „Wegen Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker.“