Autsch: Schmerz lass nach

Wahlniederlagen schmerzen, und ja: Opposition ist Mist. Wo Sozialdemokraten Recht haben, haben sie Recht. So zitiert die Hiltruper CDU gern den früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering.

Schmerz über Vergangenes sollte den Blick nach vorn aber nicht verstellen. Wer regieren will, muss Ideen anbieten. Die Hiltruper CDU tut sich damit doch recht schwer. Manchmal scheint es, als ob sie sich aus lauter Not in die persönliche Attacke flüchtet. Die Diskussion um Mini-Beträge aus dem Repräsentationsfonds des grünen Bezirksbürgermeisters ist so ein Thema. Diese Diskussion versucht man, wenn einem sonst nichts einfällt. Am Ende trifft sie gerade die bürgerschaftlichen Initiativen, als deren Sprecher sich die CDU gern präsentieren möchte.

Wer Hiltruper (Biertisch-)Politik länger verfolgt, reibt sich die Augen: Jahrzehnte stellte die CDU den Bezirksbürgermeister; Bezirksbürgermeister Schmidt (2020 verstorben) hatte immer wieder Probleme mit „seiner“ CDU, aber nie kam es der CDU in den Sinn, öffentlich über seinen durchaus kreativen Umgang mit den Repräsentationsmitteln zu räsonieren. Man war sich da einig mit den anderen Parteien in der Bezirksvertretung.

Wenn die CDU jetzt versucht, den grünen Bezirksbürgermeister Stein als „netten Kerl“ zu verunglimpfen (WN 13.5.2023), dann ist das der Ausdruck größter Ratlosigkeit. Mit persönlichen Schmähungen, Wadenbeißerei und harschem Auftreten lassen sich politische Perspektiven nicht ersetzen. Vielleicht versucht die CDU es doch einmal mit Nettigkeit?

Wie groß das Vakuum ist, zeigt auch die aktuelle Diskussion um die Umbenennung der Heideggerstraße. Ein bekennender Fan von Hindenburg-Straßenschildern vertritt die Hiltruper CDU im Rat. In Hiltrup versteckt die CDU sich hinter ein paar Anwohnern, die keine Veränderung wünschen. Politik kann aber nicht daraus bestehen, die eigene Meinung zu verstecken. In der Bezirksvertretung Mitte hat auch die CDU das begriffen und für die Umbenennung der Admiral-Scheer-Straße gestimmt; obwohl dort das gleiche zu beobachten ist wie an der Hiltruper Heideggerstraße, nämlich dass die Anwohner keine Veränderung wünschen.

Dass die Westfälischen Nachrichten den Widerstand gegen Straßen-Umbenennungen gern aufgreifen, wen wundert’s. Verleger Dr. Hüffer wirft sich gerade für die Admiral-Scheer-Straße in die Bresche (WN 13.5.2023). Die sollte eigentlich schon 1947 als „Denkmal militärischen und nationalsozialistischen Charakters“ umbenannt werden – langsam wird’s Zeit. (1947 wäre es auch niemandem in den Sinn gekommen, eine Straße neu nach Heidegger zu benennen. Das geschah erst 1975, als Hiltrup eingemeindet wurde und einige Straßen deshalb umbenannt werden mussten.)