„Iss leichte Kost und treibe Sport am besten in den frühen Morgenstunden oder abends. Wenn du dich schlapp fühlst, gibt es Präparate, die deinen Mineralstoff-Haushalt wieder ins Gleichgewicht bringen“ – diese Empfehlung des lustigen grünen Kängurus richtet sich explizit an Kinder. Wer hier Kindern Apothekenware verkaufen möchte, steht auf der Vorderseite des Reklameblättchens. Es ist mal wieder die Hiltruper allesgut-Apotheke, die mit den Talerchen für die Kinderchen.
Apotheken-Werbung ist schon ohne spezielle Werbung für Kinder problematisch. Was da auf der Vorderseite des Reklame-Flyers mit „Sie sparen XYZ %“ beworben wird, ist nicht harmlos. Schmerzmittel und andere Medikamente sind keine Drops, für die geworben werden sollte. „So wenig wie möglich“ ist der angemessene Umgang.
Die bunte Reklame von allesgut verbindet potente Arzneimittel und Kosmetik mit einer auf Comic getrimmten Kinderseite. Kinder sollen das Blättchen lesen, sollen den Konsum von aller möglicher Apothekenware als selbstverständlich begreifen und von klein an lernen: Du musst Pillen einwerfen.
Allesgut treibt es mit dieser Werbung allerdings auf die unrühmliche Spitze. Kinder sollen Sport treiben – o.K.. Wenn sie nach dem Sport schlapp sind, sollen sie Pillen (oder Pulver) einwerfen? Das ist nicht o.K.! „Schlapp nach Sport“ nennt man auch Auspowern; kein Training ohne Anstrengung. Das ist völlig normal, nach „schlapp“ kommt „erholt“. Da brauchen Kinder keine Selbstoptimierung mit Pillen – von der es nicht weit ist bis zum Doping.
„Durch eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung wird der Körper bei gesunden Menschen normalerweise ausreichend mit allen wichtigen Nährstoffen sowie Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen versorgt“ sagt die Stiftung Warentest dazu. Wenn das Kind trotzdem (und auch ausgeruht) schlapp ist, fragt man besser den Kinderarzt. Dafür braucht man kein grünes Känguru.
Ach ja, eins noch: Gerade haben wir eine sehr erfolgreiche deutschlandweite PR-Aktion der Apotheker hinter uns. In alle Medien haben sie es geschafft mit ihrer Forderung nach mehr Geld: Apothekensterben droht angeblich. Die Entwicklung in Hiltrup spricht eine ganz andere Sprache. Immer mehr Apotheken machen sich gegenseitig Konkurrenz. Kein Wunder, wenn sie dann versuchen, neue Märkte zu erschließen: Mäusedorn oder Kinder.
Die Glaubwürdigkeit der PR-Aktionen leidet auch an anderer Stelle. Berichte von Raffgier bei der Behandlung Krebskranker beziehen sich nur auf einen Teil der deutschen Apotheken, aber sie zerstören das Vertrauen in die gesamte Branche.
(Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 22.7.2023.)