In regelmäßigen Abständen wird eine militärische Sau durchs Dorf getrieben, jedesmal eine andere.
Mal ist es ein Sturmgewehr, und jeder weiß haargenau, dass diese krumme Gurke unbedingt sofort ersetzt werden muss und wer dafür gehängt gehört.
Mal ist es eine Panzerhaubitze. Alle Medien stürzen sich auf das Ding, und sofort findet sich irgendein Feldwebel, der alles weiß. Natürlich taugt das Ding nichts, überhaupt taugt die ganze Armee nichts. Oder taugt der Journalist nichts, der sich nie zuvor mit Wehrtechnik befasst hat – pfui Deibel! – und jetzt innerhalb von drei Tagen eine Story liefern muss?
Mal ist es ein Panzer. Leoparden sind gefährlich, sie sollen den Kanzler beißen: Der Krieg sei sofort verloren, wenn nicht ganz sofort Leopard-Panzer in die Ukraine geliefert werden. Wenn dieser Panzer-Sturm abgeebbt ist, kann man ihn übrigens noch ein zweites Mal verwerten, diesmal allerdings anders herum. Dann trägt die Sau, die wieder durchs Dorf rennt, das Schild: Die Ukrainer können mit unseren schönen Panzern nicht umgehen. Die machen die einfach kaputt. Und dummerweise fahren deutsche Panzer auf russische Minen, das geht auch nicht gut.
Mal ist es ein Flugzeug. Sofort müssen die Ukrainer die neusten amerikanischen Modelle kriegen, der Kanzler soll liefern. Dabei hat er gar keine. Die russischen Flieger, mit denen die Ukrainer sich auskennen, haben andere Länder. Und manche davon nutzen jede Gelegenheit, auf deutsche Kanzler einzuschlagen.
Mal ist es ein Marschflugkörper. Wieder ist der Krieg sofort verloren, wenn nicht sofort … man kann es nicht mehr hören. All die Hobby-Soldaten in ihren warmen Stuben, jetzt sehen sie eine Möglichkeit, sich öffentlich zu profilieren. Auf dem Balkan haben die Grünen die militärische Unschuld verloren, und die FDP schlägt mit dem Mut der Verzweiflung – wer braucht die schon? – um sich.
Mal wäre es eigentlich der Mangel an Munition. Mal müsste man laut schreien: Wer ist eigentlich schuld, dass dies Land noch nicht einmal Granaten für die eigenen Kanonen produziert? Aber es sind zu viele, die das verantworten.
Es ist die Beliebigkeit der Themen, mit denen in der Öffentlichkeit Lärm gemacht wird. Das nervt. Es ist die deutsche Arroganz. Wir sind die besten, unsere Waffen sind die besten. Gib nur eine davon den Ukrainern, dann ist sofort der Krieg gewonnen.
Es ist so ein schäbiges Ablenkungsmanöver von den Versäumnissen der Vergangenheit. Die jetzt den Lärm veranstalten, haben über Jahrzehnte die deutsche Armee gelähmt. Noch schlimmer: Haben nicht für die Zukunft gedacht und geplant. Wollen davon ablenken, dass unser Land weder genug Soldaten noch genug Munition hat, um sich gegen Putin zu wehren. Wollen ignorieren, dass China mit Russland als Juniorpartner Eroberungen vorbereitet – und dass die USA sich aus Europa zurückziehen. Europa wird sich sehr schnell sehr allein verteidigen müssen.
Wer als Europäer seine warme Stube behalten will, muss sich bewegen. Viel Geld ausgeben für Waffen und Munition. Viele Soldaten ausbilden, das wird ohne allgemeine Wehrpflicht nicht gehen.
Und eins noch ist nötig, wenn uns unsere warme Stube lieb ist: Solidarität innerhalb der Regierung. All die Hofreiters und Strack-Zimmermanns müssen endlich einmal die Klappe halten. Erste Bürgerpflicht ist, unterschiedliche Ansichten still und leise innerhalb der Regierung auf einen Nenner zu bringen. Solidarität fordert Vertrauen innerhalb und Verschwiegenheit nach außen. Ja, wir haben eine Parlaments-Armee. Nein, nicht jedes militärische Detail muss an die Öffentlichkeit.
Solidarität schulden genauso CDU und CSU. Europas Lage lässt keine Zeit für solchen Kinderkram, wie diese Opposition ihn gerade aufführt. Zum Glück ist die Mehrheit der Bevölkerung besonnen genug, sich diesen Militär-Schreihälsen nicht anzuschließen. Und ein besonnener Kanzler – Was kann dem Land besseres passieren?