Datenklau vom Smartphone
Wettervorhersage in der Hosentasche? Wie praktisch, dass die Wetter-App von AccuWeather schon beim Kauf auf dem Smartphone vorinstalliert war. Und auf dem Tablet! Immer Bescheid wissen, ob draußen die Sonne scheint, einfach einen Blick aufs Smartphone werfen!
Ein wenig getrübt war dies Bild schon einige Zeit. AccuWeather war in Verschiss gekommen: „Beliebte Wetter-App spioniert iPhone-Nutzer aus“ titelte 2017 die Süddeutsche Zeitung. Der Artikel bezog sich auf die iPhone-Version der App, man ignorierte das Problem. Na ja, ein paar Standortdaten wurden da übermittelt – sind wir das nicht inzwischen gewöhnt, in unserem Alltag von vielerlei elektronischen Medien überwacht zu werden?
Die Süddeutsche Zeitung hatte ein Jahr vorher schon über die Qualität von Wetter-Apps berichtet, AccuWeather war der Süddeutschen, um es freundlich auszudrücken, nicht gerade durch eine besonders gute Wettervorhersage aufgefallen.
Heute wurde es dann aber doch zu bunt.
AccuWeather auf dem Tablet aufgerufen, und was erscheint da? Ein Fenster poppt auf, in englischer Sprache wird der Nutzer gefragt „Can we continue to use your data to tailor ads and keep content free?“ To use your data, ohne jede Einschränkung, ohne jede Konkretisierung will die amerikanische Firma unsere Daten nutzen; was heißt das eigentlich? Hat die App Zugriff auf unseren Kalender, auf unser Telefonbuch? Liest die amerikanische Firma mit, was wir – sorgsam verschlüsselt über SimsMe oder Threema – kommunizieren? Denn auf dem Smartphone liegen all diese Nachrichten und Bilder ja im Klartext. AccuWeather sagt mit dieser Frage auch ganz offen, dass die Firma schon immer auf persönliche Daten zugegriffen hat – sie will das nur fortsetzen.
AccuWeather bietet in dem Popup-Fenster nur zwei Schaltflächen an: „Yes Free with ads“ und „No Pay to see no ads“. „Yes“ kommt nicht in Frage, einen so bedingungslosen und unbegrenzten Zugriff auf persönliche Daten kann niemand akzeptieren. „No“ kommt aber genau so wenig in Frage: Was soll das denn heißen, schließe ich hier ein Abo ab mit Kosten in unbekannter Höhe? Werden mir demnächst über die Mobilfunkrechnung astronomische Beträge vom Konto abgebucht?
Nur durch Zufall kann man feststellen, dass sich hinter der Textzeile „Learn how AccuWeather and our 200 partners collect and use data“ eine Schaltfläche verbirgt. Entgegen allgemeiner Übung ist die Schaltfläche nicht als solche kenntlich gemacht; keine farbliche Hervorhebung, kein Rahmen drum herum. AccuWeather will ganz offensichtlich nicht, dass man nachfragt. Klickt man die Schaltfläche an, poppt ein Browser-Fenster auf und zeigt Text – wieder in englischer Sprache. Und damit man diesen Text nicht lesen kann, legt sich wieder das ursprüngliche Popup-Fenster mit den „Yes“ und „No“-Schaltflächen vor den Text. Unerbittlich. Die Schaltflächen, die man links unten im Browser-Fenster angedeutet sieht, reagieren nicht, man kann den Text nicht lesen: Erst „Yes“ oder „No“ anklicken!
Dreister geht es nun wirklich nicht. Also weg mit dieser Spionage- und Abzocke-App!
Wenn das nur ginge!
Die einfache und schmerzlose Lösung gibt es nicht. AccuWeather kann man nicht einfach deaktivieren. Weder enthält die App selbst entsprechende Einstellmöglichkeiten, noch kann man über das Einstellungen-Menü des Smartphones darauf zugreifen. Auch über den Google-Playstore kann man AccuWeather nicht deinstallieren. AccuWeather ist auf diesem Gerät offensichtlich als Systemdatei im Betriebssystem Android installiert. Wer den Spion los werden will, muss ins Betriebssystem eingreifen – mit allen Konsequenzen: Verlust der Herstellergarantie, und wenn man dabei einen Fehler macht, wird das Smartphone oder Tablet unbrauchbar.
Anleitungen und Hinweise auf spezielle Apps zum Eingriff ins Betriebssystem finden sich im Internet. „AccuWeather deinstallieren“, die Suchanfrage liefert eine Übersicht. Aber will ich als Laie selber ins Betriebssystem?