Ritter und Burgfrauen, Handwerker und Mägde rund um Burg Vischering
Sommer-Sonnen-Burg-Spektakel: Die Burg Vischering in Lüdinghausen ist nach der Renovierung wieder geöffnet, sie lohnt den Besuch! Neben der neu gestalteten Dauerausstellung verdient auch der Veranstaltungskalender Beachtung.
An dem Wochenende 7./8. Juli 2018 strömten die Besucher bei bestem Sommerwetter zur Burg, um sich ein Spektakel der besonderen Art anzuschauen. Rund um die Burg Vischering war eine Zeltstadt, nein ein Zeltdorf entstanden. Links und rechts der Allee, die von der Straße an der Kapelle vorbei zur Wasserburg führt, standen einfache helle Zelte auf dem sonnenverbrannten Gras.
Wer sich einen Weg durch die Besuchermassen bahnte, stieß schnell auf abenteuerliche Gestalten. Merkwürdige Gewänder, Ledergurte, Messer, Lanzen, Pulverbüchsen machten schnell klar: Hier sind Wesen aus einer anderen Zeit unterwegs, hier lebt das Mittelalter!
Aber so wehrhaft sie sich auch darstellten, so freundlich, foto- und auskunftsfreudig waren die Mitstreiter der „X. Belagerung der Burg Vischering“. Im Gespräch am Zelt konnte man zum Beispiel erfahren, was es mit der zahlreich vertretenen Zipfelmütze auf sich hatte. Diese Version der phrygischen Mütze, mit der Delacroix die französische Revolutions-Symbolfigur Marianne 1830 malte, hat ihren Ursprung in der Antike; sie sei mit Bergleuten aus Phrygien zunächst zu den Salzbergwerken in Österreich und Süddeutschland gelangt, von da aus habe sie den Sprung bis hin zu den Heinzelmännchen in Köln und dann zu den Gartenzwergen geschafft – eine unterhaltsame Erläuterung.
Die „Belagerung“ verlief streng nach Programm, und vorsichtshalber war es an den Bäumen angeschlagen. Hier hatte aus einem neueren Jahrhundert der Computer aushelfen müssen…
Wenige Verpflegungsstände, auch ein Bäcker sorgten relativ diskret für das Nötigste, während an anderer Stelle Harfe und Drehleier für Unterhaltung sorgten.
Nachgeschmiedete Gebrauchsgegenstände aus vergangenen Jahrhunderten waren in verschiedenen Zelten ausgestellt (und zu kaufen), …
…, und natürlich waren auch Waffen und Rüstungen reichlich vertreten. Waffenschmiede erläuterten die Funktionen der einzelnen Rüstungsteile, erklärten die Vorzüge der verschiedenen Materialien bis ins Detail. Wie komme ich aus einem Kettenhemd wieder heraus? Gar nicht so einfach, eine Illustration aus der Kreuzfahrer-Bibel hilft weiter. Wenn Sie’s genau wissen wollen: kopfüber!
Kleidung aus Leinen und Wolle nach historischen Vorbildern war angesagt. Aber ganz im Vertrauen konnte man unter dem Zeltdach auch hören, dass wollene Oberbekleidung bei dieser sommerlichen Hitze eine Tortur war und deshalb vielfach weggelassen wurde: „Die Leinen-Kleidung, die Sie hier überall sehen, das ist eigentlich die Unterwäsche!“
Selbstverständlich war auch das Schuhwerk den Vorbildern nachempfunden. Den Bundschuh auf dem Foto hat sein Träger selbst aus einem Stück kernigen Rindleders geschnitten, mit einer Dicke von 3,5 Millimeter ist es dick genug, um darin auch über Schotter gehen zu können.
Skurrile, geradezu makabre Eindrücke bot die Schau natürlich auch. Wo Rüstungen, Schwerter und Morgensterne zu Hause sind, da sind auch die Folgen ihrer Benutzung nicht weit.
Die eiserne Hand im Gras, man konnte sie auf den ersten Blick für einen Turnierunfall halten.
Auch der Schädel mit den Glotz-Augen, auf den Pfahl genagelt neben dem Spieß, bot einen krassen Kontrast zu den friedlichen Handwerkern in den anderen Zelten. Aber ein wenig Grusel, harmloser als die Geisterbahn auf dem münsterschen Send, würzte doch dies rundum sehenswerte Spektakel.