Frauenpower und Umwelt 1984

Christiane Eckardt (1984)
Christiane Eckardt (1984)

Erstmals nach der Eingemeindung besetzte die SPD am 30.10.1984 den Posten der stellvertretenden Bezirksvorsteherin: Christiane Eckardt. Eine Änderung des Kommunalwahlrechts hatte es möglich gemacht: vor 1984 hatte die CDU mit ihrer Mehrheit auch die Stellvertreterposten in der Bezirksvertretung besetzt, nach der Gesetzesänderung kamen auch die anderen Parteien zum Zug. Der Vorsitzende der SPD Berg Fidel Erich Feldmeier, der seit 1975 Mitglied der Bezirksvertretung war, legte in diesem Zusammenhang sein Amt als Ortsvereinsvorsitzender nieder. Im Ortsverein der SPD Hiltrup sind Frauen gut vertreten: Christiane Eckardt und Henni Hohage als stellvertretende Vorsitzende, Brigitte Ammermann als Kassiererin.

Die CDU hat 1979 die absolute Mehrheit im Rat verloren, 1984 verliert sie auch in der Bezirksvertretung Hiltrup die absolute Mehrheit und ist seitdem auf die Stimmen der FDP angewiesen.

Die SPD Hiltrup bleibt streitbar: im Oktober 1984 kommt es zum Konflikt zwischen dem Unterbezirk Münster und dem Ortsverein Hiltrup um die Bestimmung der sachkundigen Bürger für die Ratsausschüsse (Quelle: Anker Nr. 43).

Flugblatt der SPD Hiltrup über die Einführung von PKW-Katalysatoren und bleifreiem Benzin (November 1984)

Flugblatt der SPD Hiltrup über die Einführung von PKW-Katalysatoren und bleifreiem Benzin (November 1984)

„Die OV-Kasse ist nach 2 Wahlkämpfen leer“ (Quelle: Anker Nr. 43) – das hindert den Ortsverein nicht an der politischen Arbeit. Er informiert im November 1984 per Flugblatt über die Einführung von PKW-Katalysatoren und bleifreiem Benzin.

Der Vorsitzende der SPD Hiltrup Johannes Kimmann trat am 16.11.1984 mit sofortiger Wirkung zurück; als Begründung erklärte er laut Westfälische Nachrichten und laut Münstersche Zeitung öffentlich: „fehlende Harmonie im Vorstand, nicht eingehaltene Versprechungen, Krankheit“. Die Medien berichteten über diesen Eklat. Der Vorstand trat geschlossen zurück, die stellvertretenden Vorsitzenden Henni Hohage und Christiane Eckardt führten zunächst kommissarisch den Ortsverein. Neuer Vorsitzender wurde am 22.1.1985 der Elektriker

Willi Lohmann (1987) Willi Lohmann, der bereits vorher aktiv im Vorstand mitgearbeitet hatte (siehe Bericht der Westfälischen Nachrichten vom 24.1.1985). Lohmann blieb Vorsitzender bis 1990.

Anne Garbe (1985)

Anne Garbe (1985)

Am 23.11.1984 setzt sich die Unterbezirksvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen Anne Garbe in einer Kampfabstimmung als Kandidatin für den Landtags-Wahlkreis Münster-Süd durch. Gegen sie unterliegt knapp Theo Strässer, der vom Unterbezirksvorstand und von der AfA unterstützt wurde. Für Anne Garbe spricht sich in der Diskussion auch Henni Hohage vom Ortsverein Hiltrup aus (Quelle: Anker Nr. 44).

Der Streit um die Planung einer A43 / B67n konnte 1984 endgültig abgeschlossen werden: die Planung wurde gestoppt, am 5.12.1984 beschloss die Bezirksvertretung auf Antrag der SPD, das dafür freigehaltene Gebiet am Merkureck per Bebauungsplan als Gewerbegebiet auszuweisen (Quelle: Hiltrup heute und morgen Dezember 1986).

Umweltschutz wird Mitte der 80er Jahre zum neuen Schwerpunktthema der SPD Hiltrup. Motor ist der umweltpolitische Sprecher der SPD-Ratsfraktion Christian Jung aus Hiltrup.

Christian Jung (1989)

Christian Jung (1989)

Im März 1985 befasste man sich in einer Mitgliederversammlung mit einem Umweltkonzept für den Hiltruper See, nachdem ein Antrag der GAL dazu in der Bezirksvertretung an der CDU gescheitert war (Quelle: Anker Nr. 45).

Mitgliederversammlung der SPD Hiltrup: Umweltkonzept für den Hiltruper See (März 1985; Quelle: Anker Nr. 45)

Mitgliederversammlung der SPD Hiltrup: Umweltkonzept für den Hiltruper See (März 1985; Quelle: Anker Nr. 45)

Gleichzeitig wurde darüber debattiert, wie die Bebauung an der Marktallee sich in Zukunft entwickeln sollte. Die SPD Hiltrup wandte sich mit Flugblättern, Info-Ständen und einer Pressekonferenz gegen den Bebauungsplanentwurf (BPlan Nr. 256) der Verwaltung für die Marktallee (Quelle: Anker Nr. 46).

Für das Gebiet um den Hiltruper See erarbeitete die SPD Hiltrup im Mai 1985 konkrete Vorschläge, insbesondere zum Schutz der Uferbereiche und zur Wegeführung (Quelle: Hiltrup heute und morgen Nr. 34).

In der Auseinandersetzung um das neue WDR-Gesetz und ein Landesmediengesetz agitiert die CDU, die SPD wolle den WDR zum „Rotfunk“ machen. Die Hiltruper SPD befasst sich mit dem Thema und spricht sich für ein geregeltes Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Programmveranstaltern aus („Hörfunk- und Fernsehprogramme sind keine Waren wie Waschmittel, die man dem freien Markt überlassen kann“); die SPD sieht darin Chancen, lokale Pressemonopole zu durchbrechen und mehr Kommunikation zu ermöglichen (Quelle: Hiltrup heute und morgen Nr. 34).

In der Landtagswahl am 12.5.1985 gewinnt Anne Garbe zum ersten Mal für die SPD das Direktmandat Münster-Süd und überflügelt in Hiltrup die CDU.

Die SPD-Ratsfraktion / Ratsfrau

Henni Hohage (1984) Henni Hohage aus Hiltrup fordert im September 1985 den Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, um Familie und Beruf miteinander vereinbaren zu können: in ganz Münster gibt es zu dieser Zeit nur 65 Betreuungsplätze für Kinder unter 3 Jahren. Die Lokalzeitung Westfälische Nachrichten als Sprachrohr der CDU spricht in diesem Zusammenhang von „sozialistischen Tendenzen“ (Quelle: Hiltrup heute und morgen Nr. 35).

Nach der Eingemeindung Hiltrups im Jahr 1975 hatte es zunächst eine Pause in der städtebaulichen Entwicklung Hiltrups gegeben. Die Stadt Münster musste in dieser Zeit zum Beispiel klären, was mit dem von Hiltrup begonnenen und 1975 stillgelegten Stadthallenbau geschehen sollte.

Blick von Westen auf Patronatsstraße und St. Clemens (1967; Foto: Hiltruper Museum)

Blick von Westen auf Patronatsstraße und St. Clemens (1967; Foto: Hiltruper Museum)

Anfang der 1980er Jahre wurden dann die Überlegungen aus Anfang der 1970er Jahre wieder aufgenommen, wie eine sinnvolle Entwicklung des Innenstadtbereichs zwischen Marktallee / Westfalenstraße / Friedhofstraße / Hohe Geest aussehen konnte. Das Foto von 1967 zeigt in diesem Bereich alte Gebäude der Baufirma Bröcker, Freiflächen und links im Foto auch eine ehemalige Sandgrube. Hier hatte sich die früher selbständige Gemeinde Hiltrup Anfang der 1970er Jahre ein Ortszentrum mit Rathaus, Stadthalle, Post, Jugendzentrum und Marktplatz erträumt (Hiltruper Anzeiger Mai 1971). Der Rat der damals noch selbständigen Gemeinde Hiltrup hatte im Juni 1972 einen Planungsauftrag vergeben „für das neue Ortszentrum im Gebiet der Hammer Straße / Clemensstraße (später: Patronatsstraße)“. Mit der Eingemeindung nach Münster hatte sich der Bau eines Rathauses erledigt, die Stadthalle war an anderer Stelle gebaut. In Zukunft soll hier nun verdichtete Wohnbebauung entstehen, der Bebauungsplan 259 tritt im September 1985 in Kraft. Der Bebauungsplan entspricht allerdings nicht den Interessen der betroffenen Grundstückseigentümer und löst keine Bautätigkeit aus.

Die Hiltruper SPD kümmert sich in den Jahren 1985 bis 1987 schwerpunktmäßig um zwei Themenbereiche: Umwelt und Verkehr. Sie fordert eine echte Renaturierung des Emmerbachs (Quelle: Anker Nr. 48) und Veröffentlichung der Luftschadstoff-Messwerte der Ziegelei Janinhoff (Quelle: Hiltrup heute und morgen Nr. 35).

Zur Luftverschmutzung organisiert sie eine öffentliche Diskussionsveranstaltung. In einer Mitgliederversammlung stellt Wolf-Michael Catenhusen „Chancen und Risiken der Gentechnologie“ vor (Quelle: Anker Nr. 52).

Im Bereich Verkehr fordert die Hiltruper SPD die Verkehrsberuhigung der Langestraße, die durch Schleichverkehr parallel zur Amelsbürener Straße überlastet ist (die Forderung wurde umgesetzt durch Sperrbaken in Höhe Caldeloerweg), und setzt sich für den Bau der Glasuritstraße als Umgehung für den Ortskern ein sowie für die Aufwertung des Bahnhofs mit einem kompletten Dienstleistungsangebot (Quelle: Hiltrup heute und morgen Nr. 36).

Die Pläne der Verwaltung zum Ausbau der Hohen Geest lehnt die SPD ab und fordert mit Flugblättern, Info-Ständen und einer Eingabe an den Oberstadtdirektor Dr. Fechtrup, auf durchgehende Parkstreifen zu verzichten, Baumtore anzulegen und die Radwege von der Marktallee bis zum Merkureck durchgehend hinter Bordsteinen zu führen. Die Verwaltung lässt ihre Pläne wegen des Widerstands der SPD und der Anlieger fallen (die Hohe Geest wird Jahre später mit echten Radwegen und Bäumen entsprechend den SPD-Forderungen umgebaut).

Einladung zur Mitgliederversammlung der SPD Hiltrup am 4.6.1986 mit dem Hauptthema "Sexualstrafrecht"

Einladung zur Mitgliederversammlung am 4.6.1986: Änderung des Sexualstrafrechts

Neben Frauenpower, Umwelt und Verkehr taucht aber auch ein neues Themenfeld auf: Menschenrechte. In der Ankündigung des Themas „Sexualstrafrecht“ zur Mitgliederversammlung am 4.6.1986 heißt es zur Forderung nach Aufhebung des §175 StGB: „Eine Überarbeitung des Sexualstrafrechts unter Berücksichtigung der Art. 2 und 3 des Grundgesetzes bietet die Möglichkeit, Unrichtigkeiten im bestehenden Recht zu beseitigen und dem Wertewandel der letzten Jahre Rechnung zu tragen.“

1986 beschließt der SPD-„Frauenparteitag“ die 40%-Quotierung; der Unterbezirk Münster setzt die Quotierung am 12.7.1987 (nach heftigen Querelen) durch Änderung der UB-Satzung um, die Ortsvereine müssen ihre Satzungen anpassen (Quelle: Anker Nr. 61).

Hiltrup: Alt-St. Clemens (10.12.2019; Foto: Henning Klare)

Hiltrup: Alt-St. Clemens (10.12.2019; Foto: Henning Klare)

Hiltrup besinnt sich auf seine historischen Wurzeln: Die Kirche Alt-St. Clemens im alten Dorfkern war nach dem Bau von St. Clemens an der Bahnhofstraße profaniert worden und hatte verschiedene Nutzungen erlebt. 1963/1964 war die Kirche renoviert und neu eingesegnet worden. 1971 hatte der Heimatverein dafür gesorgt, dass die historische St. Anna-Glocke von 1521 wieder im Turm von Alt-St. Clemens aufgehängt wurde. 1987 wurde die Renovierung abgeschlossen.

(Dieser Artikel wurde zuletzt am 21.10.2024 aktualisiert.)

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