Weihnachtszeit mit Corona
Leuchtsterne auf der Marktallee, köstlicher Spekulatius beim örtlichen Bäcker, und die Kerzen brennen zum zweiten Advent auf dem Kranz, die Welt ist in Ordnung – in den Familien läuft eine heftige Diskussion, die so gar nicht nach Zimtsternen und Glühwein schmeckt. Wen treffen wir? Wer darf unter den Tannenbaum, und wer muss allein bleiben?
Es ist keine einfache Diskussion. Ein dreiviertel Jahr waren die Generationen jetzt getrennt, ein dreiviertel Jahr haben die Kleinfamilien jede für sich gelebt. Aber es wird doch besser, haben alle gedacht; im Spätsommer können wir mal wieder zusammenkommen, können wir all die digitalen Messenger an den Nagel hängen. Und schon im Spätsommer war es wichtig, nicht ohne vorherigen Test die Nähe zu suchen: Auch die Kleinsten wurden als Virusträger entlarvt – und das Familientreffen platzte.
Aber in der Adventszeit, aber zu Weihnachten sehen wir uns – mit welchem Risiko? Die Eltern und Großeltern sind Risikogruppe, haben sie gelernt: Wer in höherem Alter Corona bekommt, muss mit dem Schlimmsten rechnen, egal was die Kreuz-und-Querdenker behaupten. Kann man sich nicht testen lassen und dann auf der sicheren Seite sein?
Die Schnelltests sind auf dem Markt, aber sie sind nicht zuverlässig. Ein Notnagel, aber keine Sicherheit. Die genauen PCR-Tests sind knapp, und: Dürfen wir diese knappe Ressource verschwenden mit unserem simplen Weihnachtswunsch? Müssen die Reagenzien und die Kapazitäten der Labore nicht reserviert bleiben für all diejenigen, die täglich im Kontakt mit anderen Menschen sind, die Ärzte, Pfleger, Lehrer und Erzieher und wie sie alle heißen?
Und wenn alle Familienmitglieder getestet sind: Gibt es wirklich Sicherheit, dass alle auch nach Weihnachten noch gesund sind? Jeder Test hat Unsicherheiten; ganz frische Infektionen können nicht entdeckt werden, und was ist mit der Zwischenzeit, in den Tagen zwischen Test und Treff? Einkaufen bleibt gefährlich, zu undiszipliniert verhalten sich viele im Supermarkt, und öffentliche Verkehrsmittel zwingen zur Nähe.
Es bleibt eine schwere Entscheidung, ob man sich in der mehr oder weniger großen Familie unter dem Tannenbaum trifft und gemeinsam singt – halt, Singen ist besonders gefährlich!
Es wird sicher keine Tannenbaumpolizei geben, Räuchermännchen und Weihnachtsmann schreiben keine Anzeigen, aber: Oh, sagt das uniformierte Räuchermännchen, oh seht euch vor!