Rettung und Zukunft: Plague and Pleasure

Helmut Bunter, Anja Kreysing, Carsten Bender, Marcell Kaiser (v.l., 30.7.2021; Foto: Henning Klare)
Helmut Bunter, Anja Kreysing, Carsten Bender, Marcell Kaiser (v.l., 30.7.2021; Foto: Henning Klare)

Mit der Seuche leben

Ob Kolping sich das hätte vorstellen können? Wo er vor über 150 Jahren das münstersche Kolpingwerk gründete, ging es am 30.7.2021 um die kulturelle Wiederbelebung der Stadt. Corona hat auch in der Kulturszene gewütet, und das Rettungs- und Zukunftsprogramm des Bundes hat Geld nach Münster gebracht für den „Neustart Kultur“. „Herzglut“ hat die Stadt das genannt und eine bemerkenswerte Truppe auf dem Adolph-Kolping-Platz versammelt. Passend zu Corona erschienen „infektiöse“ Texte mit den Schauspielern Marcell Kaiser und Carsten Bender, Posaune und Akkordeon mit Helmut Bunter und Anja Kreysing sowie Film: schwarzweiss ist die bessere farbe.

Ein paar Papphocker am Rande des Vapiano-Betriebs, ringsum Gemurmel, Essen und Trinken, der Bus donnert übers Kopfsteinpflaster, darüber verdunkelt sich der Himmel, und Boccaccio erzählt vom Umgang der Menschen mit der Seuche. Es gibt die vorsichtigen, die sich zu schützen versuchen; die wohlhabenden, die sich mit exquisiten Speisen etwas Gutes tun wollen; die ignoranten, die die Gefahr nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Ein taufrischer Text. Geschrieben im 14. Jahrhundert. Und dazu Camus im 20. Jahrhundert. Kontrastiert mit irritierenden Klängen und Bildern: Schwarzweiße Filmschnipsel, Forscher der Frühzeit mit langen Bärten in ihren Laboren, dazwischen wimmelnde Mikroben, leidende Menschen, zum Abschluss eine Prise Fernöstlich-Philosophisches.

Unheil droht (Münster, Hammer Straße, 30.7.2021; Foto: Henning Klare)

Unheil droht (Münster, Hammer Straße, 30.7.2021; Foto: Henning Klare)

Wer sich nach einer Stunde konzentrierten Hörens und Sehens auf den Heimweg machte, bekam noch einen eindringlichen Kommentar der Natur mit auf den Weg. Wo erst die Josephskirche verheißungsvoll strahlend vor finsteren Wolken stand, schien sich das Unheil später dramatisch zusammenzubrauen und drohte mit feurigem Schein am Horizont. So hatte man sich „Herzglut“ eigentlich nicht vorgestellt… aber dann waren es zum Glück doch nur ein paar Regentropfen vor der Haustür.

Um es nicht zu vergessen: Ein großes Lob an das Team dieses Events!