Die unerträgliche Leichtigkeit des Bauens
Die wundersame Geldvermehrung ist doch nicht so einfach, wie das mal mit Brot und Wein gewesen sein soll. Brich ein altes Haus ab und mach acht Eigentumswohnungen daraus, Am Klosterwald wird dies Spiel seit zwei Jahren gespielt. Erst platzte der Kaufvertrag über das Grundstück, dann geschah erst einmal nichts, dann kam der Bagger und beseitigte das alte Haus. Da waren schon mehr als eineinhalb Jahre herum. Nichts tat sich danach, und die Anwohner Am Klosterwald machten sich so ihre Gedanken: Sollte etwa doch ein Freibad in dem riesigen Loch entstehen, das der Bagger hinterlassen hatte?
Monate später rückte der nächste Bagger an, nein kein Bagger, ein 35-Tonnen-Ungetüm auf Raupenketten. Stand mit hoch aufgerichtetem stählernen Arm einfach nur da. Wieder tat sich nichts.
Dann kam ein Tieflader und holte das Ungetüm wieder ab. Was war da los? Waren Investor und Baufirma pleite? Nein, der Grund für dieses Hin und Her war noch viel kurioser. Das Ungetüm hatte eine Baugrubensicherung in die Erde rammen sollen, damit das Nachbarhaus beim Ausschachten für die neue Tiefgarage nicht ins Rutschen kommt. Und damit das Ungetüm richtig arbeiten kann, braucht es festen Grund. Festen Grund in der Höhe der zukünftigen Kellerdecke des Neubaus – aber da ist nun schon alles weggebaggert, und vier Meter über dem Grund der Baugrube kann das Ungetüm beim besten Willen ohne himmlische Unterstützung nicht schweben.
Was tun? Die Ungetüm-Firma wusste Rat: Erde ranfahren, Baugrube wieder zuschütten, Erde ordentlich verdichten, dann Ungetüm drauf und rammen, dann die Erde wieder rausbaggern und abfahren. 13.000 Euro sollte das zusätzlich kosten, und ein paar wohlfeile Spottverse; ob der Architekt das denn nicht gewusst habe…
So ist das Ungetüm unverrichteter Dinge wieder abgerückt, und der nächste Ramm-Unternehmer tritt Am Klosterwald an. Die Nachbarn freuen sich schon; diese Baustelle ist unterhaltsamer als ein Krimi, schau’n wir mal, was jetzt kommt…