Hiltrup-Ost in der Klemme

Wenig Platz für ein neues Quartierszentrum

Hiltrup-Ost soll in den nächsten Jahren ein neues Baugebiet bekommen. Ein Stadtteilentwicklungskonzept Hiltrup-Ost ist in Arbeit, ein Quartierszentrum für Hiltrup-Ost wird geplant. Tausende von Neubürgern werden einkaufen wollen, werden ihre Kinder in die Kita und in die Schule schicken wollen.

Vorhanden ist ein verkorkster Stadtteil, der diese Anforderungen nicht erfüllen kann. Nun rächen sich die Planungssünden der Vergangenheit. Hiltrup-Ost ist planlos gewachsen. Nach dem II. Weltkrieg entstanden erst einmal Siedlungshäuser mit Schweinestall und Garten zur Selbstversorgung. Marienkirche und Marienschule wurden gebaut. Dann kamen Leute mit mehr Geld und bauten ihre Eigenheime im Heerdeviertel. In den 60er Jahren kam das Emmerbachviertel dazu. Die Infrastruktur hielt nicht Schritt. An ein echtes Quartierszentrum dachte niemand. Wenige Läden gab und gibt es an der schmalen Straße Osttor. Erst in den 60er Jahren wurde ein kleines Einkaufszentrum Am Roggenkamp geplant – und floppte. Zu kurz gesprungen waren die Entwürfe. Wer nicht nur im Discounter einkaufen will, fährt über den Kanal.

Der Mangel ist seit Jahren offensichtlich, und ein ganz neues Baugebiet erfordert zwingend eine Lösung. Planungsbüros haben nun Ideen präsentiert, und die Wellen schlagen hoch. Die Kirche soll weg. Sagen die Planer, und einige wenige Beteiligte von St. Clemens haben bereits Ja gesagt. Die Kirche ist kein Schmuckstück, aber sie ist in den 50er Jahren nicht vom Himmel gefallen. Eigenarbeit von Anwohnern steckt in dem schmucklosen Bau, das ist „ihre“ Kirche. Wer kennt nicht den Schmerz, etwas Eigenes aufgeben zu müssen. Schmerz paart sich mit Überraschung, eine explosive Mischung. Wer hat das eigentlich über die Köpfe hinweg beschlossen? Mal wieder der Bischof, ohne die Beteiligten vorher zu hören?

Angeheizt wird die Debatte durch unbedachte Äußerungen. Die Planungsideen der Büros enthalten auch die Idee einer neuen Kirche. Die katholische Kirche soll weichen, eine neue orthodoxe Kirche soll in der Nähe entstehen. „Paradox“ nennt das jemand. Paradox – der Duden übersetzt das Fremdwort mit „sehr merkwürdig; ganz und gar abwegig, unsinnig“. Beginnt da ein neuer Kampf zwischen den Religionen? Die orthodoxe Gemeinde sucht schon länger nach einem Baugrundstück, in der Vergangenheit vom damaligen Bezirksbürgermeister unterstützt, auch unorthodoxe Ideen waren in der Diskussion. Evangelische, Katholische, Altkatholiken und Muslime haben Gotteshäuser in Hiltrup, warum nicht auch die Orthodoxen?

Der Blick auf erste Planskizzen wirft allerdings neue Bedenken auf. Für das zukünftige Quartierszentrum steht sehr wenig Platz zur Verfügung. Vollsortimenter mit Bäckerei, Discounter und Drogeriemarkt sollen auf engem Raum zusammengequetscht werden, aber wo bleiben die Kunden? Zum Parken in die Tiefgarage, heißt es, und Ortskundigen schwant Böses. Das gab es doch schon einmal in Hiltrup, einen Vollsortimenter mit Bäcker und Tiefgarage, man erinnert sich, an der Marktallee gegenüber dem großen Schulzentrum. Verschiedenste Betreiber sind hier gescheitert, die Umgebung verwahrloste. Jetzt ist ein Ärztehaus daraus geworden. Die Tiefgarage war einer der Knackepunkte, zu eng, zu viele Beulen im Blech, kein guter Ort. Soll sich das jetzt am Osttor wiederholen? Das Lastenfahrrad als Einkaufsvehikel ist ja gerade sehr angesagt, aber kann man die Planung eines Quartierszentrums darauf aufbauen? Und wo sollen die Dinger dann bleiben, einen halben Autoparkplatz brauchen auch sie?

Wenn dieses neue Quartierszentrum langfristig leben soll, braucht es mehr Platz. Dann muss entweder der TuS weichen, oder die Orthodoxen müssen mit Kita und Grundschule in das neue Baugebiet, oder es muss ganz neu gedacht werden. Warum eigentlich nicht?