VorLeseClub Hiltrup mit Texten zur Russischen Revolution
Man soll die Hiltruper nicht unterschätzen: Die russische Revolution von 1917 als Thema einer Lesung am Nachmittag, kommt da überhaupt jemand? Und ob sie kamen! Der Saal des Café Klostermann war voll.
Das Programm war anspruchsvoll. Historische Darstellung mit wissenschaftlichem Anspruch und subjektives Erleben von Zeitzeugen, diese gegensätzlichen Elemente sorgten für Spannung und ergänzten sich gut.
Der amerikanische Historiker Douglas Smith nimmt zwei russische Adelsfamilien als Kristallisationspunkt: ihre durchaus zwiespältige Haltung zur Zarenherrschaft, ihr Einsatz auf verschiedenen Seiten der Revolution gibt mit einer Fülle von Details guten Einblick in Hintergründe und Ablauf (Douglas Smith, Der letzte Tanz – Der Untergang der russischen Aristokratie).
Gegen diese bei aller Farbigkeit eher nüchterne Sachdarstellung von Douglas Smith stehen Bücher von Zeitzeugen, die durch Authentizität und Emotionalität beeindrucken: Moyshe Kulbak schildert in dem auf Jiddisch geschriebenen und in neuer Übersetzung erschienenen „Montag/ Ein kleiner Roman“ das Schicksal eines jüdischen Intellektuellen in der Revolution – eine Vorausahnung seines eigenen Schicksals, er wurde 1937 unter Stalin erschossen. Boris Sawinkow kämpfte in dem Bürgerkrieg, der nach der Revolution Millionen von Russen das Leben kostete, auf wechselnden Seiten. In seinem Buch (Boris Sawinkow: Das schwarze Pferd) setzt er sich mit den Leiden der Menschen im Bürgerkrieg und seinen eigenen Skrupeln auseinander; auch Sawinkow wurde hingerichtet (1925). Den weniger dramatischen Abschluss bildete – nicht zu vergessen – Boris Pasternak mit Doktor Schiwago.