Vorsicht Bauernfänger
Alle Jahre wieder sind sie unterwegs. Mit den Reizwörtern „Branchenbuch“, „Gelbe …“ in den Emails wollen uns unbekannte Absender dazu verleiten, den Anhang einer Email zu öffnen. Und damit es nicht gleich nach ausländischem, vielleicht verdächtigem Absender aussieht, steht der Name des angeblichen Absenders in Großbuchstaben. GERT MUELLER, Teufel auch, ein urdeutscher Absender, hatten wir nicht sogar einen tollen Fußballspieler dieses Namens? Aber der schreibt sich doch mit D, Gerd??
Wer schon genug Branchenbuch-Abzocke gesehen hat, der schaut genauer hin. GERT MUELLER nutzt eine „info@…“-Adresse, er versteckt sich also hinter der Anonymität; und „branchencheckmail.com“ – das liest sich gleich wie „Betrug und Co“. Oder sind wir zu misstrauisch?
Immerhin könnte die Email doch wichtig sein, lesen wir doch überall von neuem europäischem Datenschutz; neue Regeln, die wir nicht kennen, und hinter jeder Ecke lauern die Abmahnvereine und bitten uns zur Kasse? Am 25.5.2018 tritt das neue Recht in Kraft, und dies Datum steht gleich am Anfang der Email als Eyecatcher. Aber hoppla, „Eurpäische Datenschutz-Grundverordnung“ – ist das wirklich nur ein Rechtschreibfehler, wie er jedem passieren kann? Riecht doch verdammt nach primitiver Abzocke, nach jemandem, der noch nicht einmal das angebliche Thema der Email richtig schreiben kann.
„Eintrag im Gelben Branchenbuch“, komisch, das ist doch ein Bastard von „Gelbe Seiten“ und jenen Verzeichnissen, die in der Weite des Internet unter dem Etikett „Branchenbuch“ vor sich in schimmeln und nur dazu dienen, ahnungslosen Gewerbetreibenden Geld aus der Tasche zu ziehen. Und die Anrede erst einmal! „An die Geschäftsführung“ sagt ganz deutlich, dass der Absender dieser Email die Empfänger nicht kennt, und wer an die „Sehr geehrte Firma SPD-Ortsverein“ schreibt, der hat entweder nicht alle Tassen im Schrank oder ist ein Betrüger.
So liest sich denn auch der Rest der Email. Selbstverständlich soll der Empfänger einen Anhang öffnen, da kann man spekulieren: entweder ist das nur das Bestellformular für den kostenpflichtigen Eintrag im „Gelben Branchenbuch“, oder hier wartet ein Virus; oder beides. Der Empfänger soll sein Antwort-Fax an eine Nummer in Malaysia schicken, und „Detaillierte Informationen“ soll er auf der „Web Site“ erhalten. Die ist vorsichtshalber erst gar nicht angegeben.
Einen Hinweis gibt es dann aber doch noch. Wer im Browser die Adresse branchencheckmail.com aufruft, landet auf der „default welcome page“ der Domain. Der Absender der Email hat sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, einen ordentlichen Fake zu bauen.
GERT MUELLER, das war ein schlechter Versuch. Rote Karte!
Aber branchencheckmail.com ist hartnäckig: Einen Monat später landet dieselbe Email noch einmal im Postfach und wird automatisch und richtig als Spam disqualifiziert. Offensichtlich funktioniert diese Betrugsmasche; für die Täter lohnt es sich ja, wenn auch nur einer von 1000 Emailanhängen geöffnet wird und der Trojaner oder was auch immer in den Rechner eindringen, ihn in ein Bot-Netz eingliedern und Passwörter abgreifen kann.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 22.6.2018.)