Ein Verbrechen wird medial verwertet. Münster erfährt, welchen Wert menschliches Leid hat: Handelsware auf dem Medienmarkt. Trauernde am Kiepenkerl werden zur Staffage für Fotografen – und die Zeitung druckt es.
Die Zeitung druckt auch anderes, Fotos und Kurz-Statements von allerlei Leuten. Das muss wohl sein: Münster erhält Mitgefühl, Münster ist wichtig. Münster ist sehr wichtig. Münster ist so schrecklich wichtig. So wichtig, dass auch allerlei zweifelhafte Figuren mit ihren Kurz-Statements den Sprung in die Lokalzeitung schaffen.
Trump – war das nicht der unverschämte Kerl mit dem pussy-grabbing? Seine Öffentlichkeitsarbeiter lassen verlauten, dass sie beten („Unsere Gebete sind bei den Familien der Getöteten“), und dass „Präsident Trump informiert“ ist – eine bigotte Provokation. Dagegen ist Putins Botschaft geradezu wohltuend dezent.
Und was hat der Chef des Apple-Konzerns auf dieser Kondolenz-Seite zu suchen, fragt man sich? Wenn Tim Cook mehr von Europa kennt als seine Umsatzzahlen und hinterzogenen Steuern, sollte es uns sehr wundern; was verbindet ihn mit Münster außer Profit? Facebook ist in der Kritik, da muss Apple jede Gelegenheit nutzen, Marktanteile auszubauen und sich als Gutmensch zu präsentieren (und als Gutmensch dieselben Daten wie Facebook zu sammeln)?
Zum guten Schluss muss natürlich auch die Münster-Klamotte durch Aufnahme in die Kondolenz-Seite der Zeitung geadelt werden. Jan Josef Liefers beschädigt nicht nur Münsters Ruf in der TV-Welt durch all diese unsäglichen Schmonzetten; er übertreibt es auch bei der Kondolenz. Die schlimmen Nachrichten brechen ihm das Herz, lässt er sich zitieren; kann er da noch unbeschwerten TV-Quatsch drehen, mit gebrochenem Herzen? Was bricht ihm morgen das Herz? Müssen wir um seine seelische Gesundheit fürchten?
Weniger ist mehr, möchte man da dem Hause Aschendorff zurufen: Weniger Spektakel, mehr Ernsthaftigkeit.