Eine Frage der Kultur
Wir geben uns Regeln, wie wir im Lande miteinander umgehen. Wer Regeln bricht, bekommt Aufmerksamkeit. Wenn alle die Regeln brechen, was dann?
Dem Gemeinwohl sind unsere demokratischen Vertretungen verpflichtet. Probleme und Perspektiven müssen nüchtern analysiert werden, Lösungen gegeneinander abgewogen werden. Gute Lösungen gibt es nur im respektvollen Dialog.
Krieg vor der Haustür, Sorgen um Wohlstand und Rente im Alter fordern Lösungen. Die Welt ist kompliziert. Raubbau an der Umwelt beschädigt den Wohlstand von morgen. Alle wollen ein großes Stück vom Kuchen. So kompliziert wie die Herausforderungen ist der Dialog über Lösungen. Er ist unverzichtbar und gelingt nur mit gegenseitigem Respekt. Der „starke Mann“, der angeblich alles weiß und kann, ist nach aller Erfahrung eine Illusion (oder eine Lüge). Der Kanzler soll auf den Tisch hauen – wenn er das so wie in den Medien-Kommentaren verlangt getan hätte, wäre die Koalitionsregierung am zweiten Tag am Ende gewesen. Respekt ist auch allen WählerInnen zusammen geschuldet. Wenn sie so wählen, dass viele kleine Fraktionen im Parlament sitzen, dann müssen diese eben zusammenarbeiten. Und ihre Differenzen konstruktiv hinter den Kulissen ausdiskutieren.
Die Verantwortung für das Gemeinwohl verbietet die verächtlich machende Attacke. Wer sich heute gegenübersteht, muss morgen vielleicht Partner sein in einer neuen Koalition.
Die Verantwortung für das Gemeinwohl verbietet die Totalblockade. Wenn vorzeitig gewählt werden muss, müssen wir BürgerInnen keine Totalblockade hinnehmen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass das Parlament dringende und in der Sache unstreitige Verfahren geordnet zu Ende bringt. Darüber müssen alle Fraktionen im Parlament miteinander reden. Wer das in Frage stellt, handelt verantwortungslos – uns BürgerInnen gegenüber. Auch eine Wahl muss geordnet organisiert werden.
Die verächtlich machende Attacke ist Mode geworden. Der ironische, herablassende Tonfall, die boshaft verzogenen Mundwinkel. Würden Sie von diesen Typen ein gebrauchtes Auto kaufen?
Wir haben einfach genug. Wir wollen nicht mehr mit diesem Schwall von aufgeregter Bosheit überzogen werden. Wir wollen Inhalte: Wie seht ihr die Lage? Was wollt ihr tun, wer soll es bezahlen? Gefordert sind nicht nur „die Politiker“, sondern auch die Medien.
Was wir vor Ort dazu beitragen können? Viel. Niemand muss in den unsozialen Medien hetzen. Jede/r kann seine/ihre Zunge hüten. Viele können sich ruhig und sachlich in die Kommunalpolitik einbringen. Erst genau hinsehen, worum es geht: Ist der Verkehrsstau (den wir selbst mit unseren Autos verursachen) wirklich so schlimm, ist die Stadtverwaltung wirklich so dumm (WN 8.11.2024)? Oder gibt es gar keinen Stau (WN 14.11.2024)? Muss ich wirklich ins Blaue hinein mit Klage drohen (WN 8.11.2024)? Sähe die Welt eindeutig besser aus, wenn sich mehr Menschen so in der Politik engagieren würden (WN 12.11.2024)? Ruhig Blut, möchte man zureden. Erst nachdenken, und dann unaufgeregt miteinander reden. Nur so kann’s was werden.
Kommentare
Keine Kommentare
Kommentare